maximum_rock_1Braucht man wirklich eine dreibändige Biographie um die Geschichte von The Who zu erzählen?  Der Autor Christoph Geisselhart beweist, dass es auf jeden Fall nicht übertrieben ist. Dabei hat er das Vorhaben selber unterschätzt. Im ersten – schon über 500 Seiten starken Band – spricht er selber noch von insgesamt zwei Bänden. Seine fast wissenschaftliche Herangehensweise bei der Sezierung von Geschichten und Legende, der Rekonstruktion von Geschehnissen und der Gegenüberstellung von verschiedenen Darstellungen führt zwangsläufig zu einem umfangreichen Werk, macht diese drei Bände aber auch besonders lesenswert.

Gerade in die Entstehungsgeschichte der Band bekommt man interessante Einblicke: The Who starteten – wie die Beatles – als eine von Managern geformte Boy-Band, der man zu den ersten Plattenaufnahmen sicherheitshalber noch versierte Studiomusiker an die Seite stellen wollte. Die Band musste sich ihre eigene Identität erkämpfen und sich von den ersten Managern und Produzenten sogar wieder freikaufen.

Ernüchternd auch der Blick auf die Finanzen: Die Band schob lange einen enormen Schuldenberg vor sich her. Lediglich Pete Townshend konnte von seinen (zusätzlichen) Tantiemen als Songwriter gut leben, dabei trug er insbesondere in den Anfangsjahren massiv zum Schuldenaufbau durch das Zertrümmern von Gitarren bei. Doch dieses Markenzeichen und der exzessive Lebensstil von Keith Moon sorgten auch für die nötige Aufmerksamkeit. So finanzierten die anderen Bandmitglieder – wenn auch zähneknirschend – ihre PR-Maschine Moon the Loon.

Doch nicht nur in die finanziellen Eskapaden, sondern auch in die Alkohol- und Drogenexzesse der Band geben insbesondere die ersten beiden Bände einen erschreckenden Einblick. Während Roger sich von Alkohol und Drogen aus Sorge um seine Stimme vielfach fern hielt, sprach Pete massiv dem Alkohol zu, während Keith und John alle nur erdenklichen Drogen einwarfen. Erstaunlich, dass beide so lange überlebt haben und trotz der Umstände so viele Alben entstanden sind, die heute als Meilensteine der Musikgeschichte gelten.

Die Schilderungen all dieser Exzesse erfolgen dabei immer in einem ausreichend distanzierten Ton, der dem Leser ehr in Fassungslosigkeit und Mitleid zurück lässt, als die Hauptakteure als beneidenswerte Drogenikonen dastehen lässt.

Sehr empfehlenswert ist es, sich alle Alben und DVDs, deren Entstehungsgeschichten beschrieben wird, nach den jeweiligen Kapiteln nochmals anzuhören, bzw. anzusehen. Mit dem neuen Hintergrundwissen sieht und hört man Alben und Konzertmitschnitte mit völlig anderen Augen und entdeckt viele neue Details. Leider wird man diese Alben auch nie mehr wieder so unvoreingenommen und begeistert entdecken können, wie man es als Teenager in den 80ern oder 90ern konnte.

Interessant ist die Lektüre von Pete Townshends eigenem Werk Who I am, das erst drei Jahre nach Geisselharts Trilogie erschienen ist. Es erscheint fast oberflächlich, ungenau und man hat das Gefühl, Townshend rast durch die Zeit. Dazu kommt, dass viele von Geiselhart entlarvte Legende (Autos im Pool, Keith Moon’s 21st Birthday im Holiday Inn) aufrecht erhält um nicht am Mythos Who zu kratzen. Wenn man sich die Beschreibungen von Townshends Alkoholkonsum in dieser Zeit vor Augen führt, könnten seine Erinnerungen auch einfach verblast sein. So ist man schon geneigt, ehr Christoph Geisselharts Schilderung von den Stunden nach dem Tode von Keith Moon zu glauben. In seiner Version ruft Pete Townshend Roger Daltrey an und sagt ihm nur “Er hat es geschafft“. Peter Townshend wird in seinen Erinnerungen hingegen von Roger Daltrey angerufen, der ihm nur sagt “He’s done it“.

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