Ein knappes Jahr und rund 100 Konzerte liegen zwischen unserer letzten Begegnung mit Depeche Mode in Düsseldorf. Die Memento Mori Tour startete mit einigen Arena-Konzerten auf dem nordamerikanischen Kontinent, kam dann im Sommer in die Stadien Europas, kehrte in die Arenen Nordamerikas zurück und endete nun im vierten Leg mit zahlreichen Shows in europäischen Arenen. Die Berliner SRT-Fraktion konnte Depeche Mode schon vor sechs Wochen dabei sein. Köln ist der letzte Stopp der Tour.

Drei Konzerte gibt es hier zu sehen. Wir haben von den heißbegehrten Tickets ein paar für das erste der drei Konzerte in der Lanxess-Arena ergattern können. Für die Plätze im Unterrang auf Höhe der Ego-Zunge oder auch B-Stage verlangte Eventim 160 Euro, bei Ticketmaster wurden diese Plätze dank dynamic pricing für über 300 Euro angeboten. Da hört bei mir der Spaß auf. Die 160 Euro waren noch ok – Glück gehabt. Aus den Sitzplätzen wurden übrigens mit Beginn des Intros Stehplätze. Das Publikum war durchgehend im Partymodus.

A Question Of Lust

Was hat sich geändert? Unterscheiden sich Stadion- und Arena-Shows? Sind Gore und Gahan am Ende der Tour ausgebrannt? Lohnt sich ein mehrfacher Besuch bei diesen Preisen? Die Antworten sind ganz klar:

  1. Für mich war dies der finale Beweis: Ich bin durch mit Stadionkonzerten. Auch wenn die viel gescholtenen Multifunktionsarenen nicht wirklich Charme versprühen oder gar eine Seele haben: Sie funktionieren, An- und Abreise erfolgen ohne Chaos, man sieht die Band auch ohne Bildschirme und der Stimmung tut es keinen Abbruch – im Gegenteil.
  2. Nein, keine Anzeichen von Tourmüdigkeit: Die Band ist bei bester Stimmung und hat sichtlich Spaß auf der Bühne.
  3. Ja. Gerade wenn man die Chance hat, Konzerte am Anfang und Ende einer Tour oder eines Legs zu sehen. Wer genauer hinsieht, entdeckt auch bei einer auf den ersten Blick ähnlichen Setlist lauter kleine Änderungen in der Show, bei Licht und Animationen, sieht wie sich die Band immer besser aufeinander einspielt und bekommt durch verschiedene Sitzplätze einen ganz anderen Eindruck von der Show.

Behind the Wheel

Unsere Sitzplätze erlaubten einen direkten Blick auf die Bühne. Im Gegensatz zu unserem Düsseldorfer Blickwinkel hatten wir hier ständig die komplette Band im Blick. So wirkt die Show viel intensiver und direkter. Hier wird klar wie hart für das perfekte Konzerterlebnis auf der Bühne gearbeitet wird.

Man möchte wissen, welches Powermüsli David Gahan jeden Morgen futtert, um diese Energie auf der Bühne zu entfachen. Drogen sollen es ja nicht mehr sein. Trotzdem ackert der Mann unermüdlich wie ein wilder Berserker, feuert entweder das Publikum, die Band an, tanzt seinen Signature-Brummkreisel-Move, räkelt sich lasziv am Mikrofonständer oder wackelt zum Entzücken der weiblichen Fans mit Gesäß bzw. Lenden. Natürlich ist er weiterhin der ungeschlagene Meister der Crowd-Control wenn er den Mikrofonständer über die Zuschauer balanciert und seinen Job kurzerhand dem Publikum überlässt. Klar, den Scheibenwischer gibt es natürlich auch auf seine Anweisung hin bei Never let me down.

I feel you

Wenn Martin Gore nach seinem Akustik-Solostück Home den Chor des Publikums dirigiert und der dann einfach nicht aufhören will, entstehen die charmanten Situationen. Eigentlich steht David Gahan schon wieder für den nächsten Song auf der Bühne, doch er dirigiert den Chor einfach weiter. Bis auch der Rest der Band wieder mit einsteigt und den Song wieder aufleben lässt. Im Anschluss klatschen sich Gore und Gahan ab und liegen sich lachend in den Armen. Nicht nur einmal an diesem Abend. Sie scheinen ungeheuren Spaß an der Tour zu haben.

Enjoy the Silence

Die Setlist blieb im Prinzip gleich. Einige Updates gab es schon. Größter Gewinn war sicherlich Behind the Wheel, knapp gefolgt von Black Celebration. Dafür flogen World in My Eyes, Wrong und John the Revelator aus dem Set. Bereits zuvor musste die Sister oft the Night der Policy of Truth Platz machen. Im Mittelteil gab es das selten gespielte Before We Drown und statt der Question of Lust und Soul With Me bekamen wir im Akustik-Soloteil von Martin eben Strangelove und Home präsentiert. Demnach doch deutlich mehr Abwechselung als man auf den ersten Blick dachte. Heimlich hatte ich auf People Are People oder A Question of Time gehofft, aber möglicherweise erleben wir diese Perlen wieder auf der nächsten Tour.

Am Ende des Abends fliegen nicht nur Drumsticks und Plektren ins Publikum. Die Band kostet den Applaus sichtlich aus und scheint kaum Lust zu haben von der Bühne zu verschwinden. Gahan sucht jedes Handtuch auf der Bühne, um sich damit Schweiß abzutupfen um es anschließend als begehrtes Souvenir ins Publikum zu werfen. Elvis hätte noch von ihm lernen können.

Setlist

  1. My Cosmos Is Mine
  2. Wagging Tongue
  3. Walking in My Shoes
  4. It’s No Good
  5. Policy of Truth
  6. In Your Room
  7. Everything Counts
  8. Precious
  9. Before We Drown
  10. Strangelove
  11. Home
  12. Ghosts Again
  13. I Feel You
  14. A Pain That I’m Used To
  15. Behind the Wheel
  16. Black Celebration
  17. Stripped
  18. Enjoy the Silence

Encore:

  1. Waiting for the Night
  2. Just Can’t Get Enough
  3. Never Let Me Down Again
  4. Personal Jesus