Am 16. September 1967 traten Pink Floyd in einem kleinen Kaff irgendwo in Nordirland auf.
Was genau an diesem Abend gespielt wurde ist nicht überliefert. Schaut man sich jedoch die Songs an, die um dieses Datum herum zum Live-Standardrepertoire gehört haben, kann man davon ausgehen, dass es an diesem Abend wild und musikalisch „recht ungewöhnlich“ zugegangen sein muss.
Nick Mason hat einmal gesagt, dass sie in der Provinz in Ihren Anfangstagen gnadenlos ausgebuht wurden, (“No one will like what we play”) da ihre „interstellare“ Musik für die Fans von eingängigen 3 Minuten Radio-Singles ziemlich „chaotisch und neu“ klang.
Und genau an jenem 16. September schrie sich mit voller Wucht in einem Berliner Klinikum der Autor dieser Zeilen in die Welt, so als ob dieses „Früchtchen“ schon damals seine Begeisterung für diese „Art von Musik“ mit allen teilen wollte. Wie die Station darauf reagiert hat ist nicht bekannt.
Nun, nach über einem halben Jahrhundert, kam am 16. September der Drummer der Pink Floyd, Nick Mason, mit seiner Band den „Saucers“ nach Berlin.
Nick hatte, wie der Sigge-Rocktours Express bereits berichtete, in diesem Jahr völlig überraschend eine Band zusammengestellt, die das live recht unterpräsentierte Früh-Werk, (1967-1972) zur Freude vieler ergrauter Fans, auf die Bühne bringt. Im Gepäck auch die Songs, für die „The Pink Floyd“ von den Kids damals ausgepfiffen wurden.
Somit war das Konzert in Berlin für den gesamten Sigge-Rocktours Express eine Pflichtveranstaltung, zumal-und wer mag da an Zufälle glauben- auf den Tag genau im Jahr zuvor die Berliner Bandformation Mietminderung bei einer „runden Sause“ eine rasante Version von „Lucifer Sam“ (1967) den Gästen um die Ohren gehauen hat. Toll war´s.
When You`re In
Das Berliner Tempodrom war mit Abstand der größte Auftrittsort der 21 Konzerte umfassenden Europa Tournee und war nicht ausverkauft.
Nick Mason hat es vermieden, unter dem wirkmächtigen „Pink Floyd Banner“ seine Tour anzukündigen, so wie es seine Bandkollegen seit Jahren tun. Das ist mutig und konsequent zugleich und könnte ein Grund dafür sein, dass einzelne Plätze auf den Rängen leer blieben. Es ist eben keine „Pink Floyd Tribute Band“ sondern es sind „Nick Masons Saucerful of Secrets“. Respekt!
Nachdem die Soundcollagen, welche in etwa 10 Minuten vor dem Auftritt der „Saucers“ durch den Saal waberten, verklungen und nahtlos in dem ersten Song des Abends „ Interstellar Overdrive“ aufgingen, konnte man diesen einmaligen Moment spüren, der den Saal erfasste:
Wie bei einem “berstenden Überdruckventil”, welches die ganze Erwartungshaltung der Fans nur noch mühsam drosseln konnte, entlud sich in diesen Sekunden die ganze Anspannung. Endlich. Worauf man Jahre warten musste, war nun nicht nur greifbar, sondern fühlbare musikalische Realität geworden.
Ich schloß die Augen und fühlte ich mich in die Zeit und die Anfänge der Band zurückversetzt.
Die Zeit, die den Grundstock für all die späten Erfolge legte. So in etwa muss es damals geklungen haben in diesen schweren Anfangstagen, im „Untergrund“, in den kleinen Clubs und Sälen, an Universitäten, mit unzähligen Gigs, wenig Geld, den Umbrüchen innerhalb der Band, dem Willen es zu schaffen und den ersten Achtungserfolgen. So konnte sich Ihre Musik sowie Ihr Können entwickeln das in „The Dark Side Of The Moon“ den ersten Höhepunkt fand.
Auch wenn die Songs im Tempodrom nicht exakt wie auf Platte dargeboten wurden oder die Abmischung von einzelnen Instrumenten nicht wie damals klingt, ging es vor allem darum, den Geist jener Zeit einzufangen. Das es Nick Mason und seiner großartigen Band von 5 Freunden so hervorragend gelungen ist, ist der eigentliche Verdienst diese Quintetts.
The Heart of The Sun
Als die „Saucers“ „Set the Controls fort he Heart of The Sun“ oder „Obscured by Clouds/When you´re in“ durch das Zeltdach des Tempodroms peitschten, kommt man nicht umhin festzustellen, dass die Songs genauso frisch und lebendig klingen wie bei ihrer letzten Aufführung in Wien 1973. Wie entfesselt trommelte Nick seinen Lieblingssong „Controls“ zu einem, wenn nicht dem Höhepunkt des Abends. Es war eine Freude Ihm und der Band, welche noch “tighter” und druckvoller als in Rostock wirkte, beim gemeinsamen “musizieren” zuzuschauen.
Mit “Lucifer Sam“, „The Nile Song, „Let the be more Light“, „See Emily Play“ “Astronomy Domine”, und einem herausragendem “One of these Days”- um nur einige Songs des großartigen Sets zu nennen- brannte die Band ein musikalisches Feuerwerk ab. Hit an Hit. Lichterloh. Aber auch die ruhigeren Stück wie „If“ und „Green is the Colour“ entfalteten Ihre Kraft, trotz geänderter Arrangements.
Voller Spielfreude und in dem sichtbaren Bewusstsein Teil eines großen, längst überfälligen Ereignisses zu sein, übertraf sich die Band mit den majestätischen Suiten aus „Atom Heart Mother“ und „A Saucerful of Secrets“ noch einmal und der finale Chorus („Celestial Voices“) brachte es am Ende auf den Punkt: Die Songs dieser Frühphase sind durchweg gut gealtert und haben von Ihrer Intensität nichts eingebüßt.
Und plötzlich war es vorbei. 100 Minuten, wie im Rausch. Kein schlechter Song. Keine Langeweile. Kein Innehalten. Keine Buhrufe. Keine Pfiffe.
Nur Jubel und freudige Gesichter. Eben an diesem 16. September 2018.
Setlist:
- Interstellar Overdrive
- Astronomy Domine
- Lucifer Sam
- Fearless
- Obscured By Clouds
- When You’re In
- Vegetable Man
- Arnold Layne
- If-1st part
- Atom Heart Mother
- If-2nd part
- The Nile Song
- Green Is The Colour
- Let There Be More Light
- Set The Controls For The Heart Of The Sun
- See Emily Play
- Bike
- One Of These Days
- A Saucerful Of Secrets
- Point Me At The Sky
Das Sigge-Rocktours-Team begleitet Nick Mason und seine Saucerful of Secrets in:
- Rostock
- Amsterdam
- Düsseldorf
- Berlin
- Leipzig