Bereits vor dem -vergleichsweise kurzfristig anberaumten- Berliner Katalog-Gastspiel in der Neuen Nationalgalerie, hatte sich die Sigge-Rocktours-Reisegruppe für einen Abstecher nach Amsterdam entschieden – um dort endlich das majestätische Tour de France-Album zu hören. Das Konzert fand im Paradiso statt – einer legendären Veranstaltungsstätte, die 1968 als Jugendclub in einer ehemaligen Kirche eröffnete. Der neo-romanische Hallenbau aus Ende des 19. Jahrhunderts bot im Gegensatz zur strengen, abstrakten Kühle der Nationalgalerie ein eher intimes und heimeliges Ambiente. Hier wirkte die 3D-Leinwand im Vergleich wie passgenau zwischen die umlaufende Balustrade gesteckt. Der zweite Hintergrund-Screen, der in Berlin noch zusätzliche, monochrome Farbtöne passend zu den Filmen gezeigt hatte, fehlte hier völlig.
Der Katalog wurde in Amsterdam satt in einer Stätte der Hochkultur in einem -wenn auch legendären- normalen Popkonzert-Raum präsentiert. Und tatsächlich hatten wir das Gefühl, bei einem Konzert zu sein und nicht bei einer Vernissage: Das Publikum war bunt gemischt, es wurde getanzt, mitgeklatscht, gejubelt, es gab Zwischenrufe und wenn – bei Tour de France nicht zu knapp – die Technobeats besonders fett in die Halle reingeschoben wurden, wurde dies mit Szenenapplaus gefeiert. So munter hatte ich das zuletzt beim meinem ersten Kraftwerk-Konzert 2004 im Berliner Tempodrom erlebt – auf der Welttournee zum damals aktuellen Tour de France-Album.
Von unserem Platz konnte aus konnten wir gut sehen , wie die drei Musiker sich mit viel Spielfreude an den Konsolen abarbeiteten und die virtuellen Bowdenzüge und Ketten zischen bzw. rattern und rasseln ließen. Tour de France ist das eine Album im Katalog, dass tatsächlich beinahe in Albumlänge präsentiert wird, bevor dann der “…und weitere Werke aus dem Katalog”-Abschnitt des Konzertes beginnt. Das fast poppige Vitamin, das lässig-groovende Elektrokardiogram und das mäandernde La Forme werden in langen und deutlich live-modulierten Versionen geboten. Ralf Hütter quetschte die Schlussakkorde mit viel Hall aus seiner Orgel und hatte sichtlich Freude an der Aufführung. Kein Wunder – schließlich ist es auch das Album, für dass die aktuelle Besetzung (minus Florian Schneider selbstredend) maßgeblich verantwortlich zeichnet und das neben Hütter auch Schmitz und Hilpert mitproduziert und -komponiert haben. Vielleicht liegt darin ein Grund für diese besonders inspirierte und kraftvolle Vorstellung.
Weitere Höhepunkte: Ralf Hütter kündigt in einem Anfall von Redseligkeit auf holländisch “die nun folgende Komposition” an, die 1976 am gleichen Ort Premiere feierte: Trans Europa Express.
Heimcomputer / It’s more fun To Compute mit seinen treibenden Beats und dem enthemmten Synthie-Gedengel ist ein ganz großer Favorit: Die Beats und Glocken scheppern, während sich die die Band im Bühnenbild-Komprimierungs-Algorithmus auflöst. Immer wieder toll!
Autobahn wurde -wie schon in Berlin am achten Abend- als Zugabe nach Musique Non Stop gespielt und zwar in einer langen 16-Minuten-Version, bei der ordentlich an den Reglern herumgeschraubt wurde. Ein optimisch-heiterer Schlusspunkt für diesen wunderbaren Konzertabend.
Für unsere kleine Reisegruppe schließt sich damit der Kreis – nach beinahe genau zwei Jahren haben wir bis auf The Mix (und da ist nun auch keine anderer Song dabei…) nun für uns den Kraftwerk-Katalog nun für uns komplettiert – mit tollen Konzerten, Reisen nach Wien, Poznan, vielen Begnungen und Eindrücken – damit war nicht zu rechnen, als wir 2013 ins verschneite Düsseldorf kamen…