Toms Konzertrückblick 2014Auch in diesem Jahr ein umfassender Rückblick auf ein sehr schönes und ereignisreiches Konzertjahr bei dem ich mehr als 60 Veranstaltungen unterschiedlichster Künstler besucht habe.

2014 kamen viele Bands hinzu, die ich schon immer gern live sehen wollte. Glücklicherweise bietet meine Heimatstadt die Möglichkeit dazu und wie immer sind wir Berliner ein wenig im Vorteil wenn es darum geht, ob z.B. noch weniger bekannte Bands von Ihren Plattenfirmen oder gar „cleveren Managern“ auf eine erste Tour geschickt werden. Die Metropole an der Spree ist fast immer dabei oder oft sogar einziger Auftrittsort.

In der Rückschau auf die Konzerte war interessant für mich, dass es einige mir altbekannte Bands in diesem Jahr nicht bis ganz nach vorn geschafft haben. Das lag zum einen natürlich an Ihrem Auftritt und zum anderen daran, dass andere, „neue“ Bands derzeit spannender, interessanter und mitunter einfach besser waren! Richtig gepackt haben mich Arcade Fire, Massive Attack und Jack White in diesem Jahr nicht. Es waren keine schlechten Gigs und womöglich sind es oft nur ein paar „übersättigte Kleinigkeiten“ die mich wohl zu kritisch werden lassen.

Der Reiz des Neuen hat eine liebliche Strahlkraft.

Wie schon in den vergangen Jahren tu ich mich jedoch schwer damit, eine Auswahl zu treffen. Also „durchlistete“ ich mich vom Groben ins Feine!

Von den Bands die ich das erste Mal live sehen konnte, haben mir vor allem Royal Blood, True Widow, Esben and the Witch , Sinaii, Oum Shatt, Alvvays, Bohren und der Club of Gore, Caspian, die Allah Las und auch The Mokkers sehr gut gefallen.

Konzerte, die es in diesem Jahr nicht auf die vorderen Plätze geschafft haben.

Jack White in Frankfurt, Wye Oak im Privatclub, Neutral Milk Hotel im Postbahnhof, Arcade Fire in der Wuhlheide, Babyshambles im Huxleys, Amatorski im Berghain/Kantine, Interpol im Postbahnhof, Silver Mt. Zion in der Volksbühne, Swans im Berghain, Timber Timbre in der Passionskirche, Massive Attack im Tempodrom , Ef im C-Club, Hunt im Urban Spree, Agnes Obel in der Philharmonie, Band of Skulls im Lido, Girls in Hawaii im Lido, Big Deal im Comet, Speedy Ortiz im Magnet, The War on Drugs im Bi Nuu und Huxleys, The Antlers im Lido, Nothing im Cassiopeia, Cults im Lido, Archie Bronson Outfit im Magnet, Balmorhea im Roten Salon, New Desert Blues auf dem Sun Escobar Deck, The Pharmacy im Schokoladen, This Will Destroy You im Bi Nuu, Tinariwen im Postbahnhof, 17 Hippies im Kesselhaus, Caspian im Magnet, Sinaii und Oum Shatt beim Torstrassenfestival, The Mokkers im C-Club.

Trotzdem „bereue“ ich keinen einzigen Besuch und manch tolle (Grenz)-Erfahrung war darunter so z.B. die Swans im Berghain die eine physische Herausforderung waren und alle Sinne bis auf´s äußerste strapazierte und schon deshalb unvergessen bleiben oder die unglaublichen Tinariwen die mit Ihren traditionellen und toll aussehenden Gewändern ein umjubeltes Konzert gaben und mir die Musik der Tuareg nah gebracht haben trotz der Hinzunahme von Elementen des „westlichen Rock-und Pop“. Da fast alle Musiker in die Rolle des Frontmanns schlüpften, (Gesang und Leadgitarre o.a.) hatte das Ganze eine beeindruckende Dynamik die den gefühlt „einen Song“ wohltuend aufbrach und somit die 90min zu einem Erlebnis machte.

Meine ersten 20 Platzierungen sind in diesem Jahr wie folgt:

  1. True Widow im Privatclub

Stonegaze aus Texas in Berlin! Schwerer Südstaatensound. Konnten mich überzeugen.

 

  1. Foxygen im Frannz

Vor 2 Jahren im Rosis schon unwiderstehlich. Kamen mit vollem 8 köpfigen Line Up zurück und pflügten den Frannz um. Wahnsinns Show und exzellenter Auftritt. Magisch und Manisch Sam France am Mikro

Foxygen im Franz 05.11.2014

  1. Alvvays im Frannz

Einer der Newcomer der Stunde. Tolles Debütalbum. Ausgezeichnete Musiker und sympathisch obendrein. Erster Deutschland Auftritt überhaupt. Dranbleiben.

 

  1. Esben and The Witch im Bi Nuu

Mit Ihrem aktuellen und hervorragenden Longplayer „ A New Nature“ kamen sie nach Berlin. Eine Druckwelle Ihres „Nightmare Pop“ erfasste mich die ganzen 90min. Rachel Davis ist eine fantastische Frontfrau. Tolle Bassistin ohnehin. War nicht mein letzter Gig von Ihnen.

 

  1. Gemma Ray im C-Club

Gemma Ray C-Club

Gemma Ray hat diese äußerliche Strenge die sich wohltuend in Ihren Songs aufbricht. Warm, liebevoll und nahbar. Und dann Ihr sehnsuchtsvoller Blick. Ein schöner Abend.

  1. Allah-Las im C-Club

Kalifornische Sonne und die lässigsten Typen überhaupt im trüben Berlin. Was sollte da noch schiefgehen. Alle Erwartungen erfüllt. Auch musikalisch. Immer wieder gern.

 

  1. The Notwist im Heimathafen

Über 2h und bis weit nach Mitternacht gaben The Notwist ein begeisterndes Konzert im Heimathafen. Es ploppte, plukkerte und fiepte. Die Mischung aus Indietronic, Ambient und Indiepop/rock wurde förmlich „zelebriert“. Close to the Glass!

  1. Mogwai im Tempodrom

Auch wenn die Setlist nicht alle Erwartungen erfüllte hat und „Remurdered“ nicht ganz so durchschlagend klang wie auf Platte, haben mich Mogwai erneut überzeugt.

  1. Darkside im Astra

Darkside Astra Berlin

Der inzwischen schon legendäre erste Berlin Auftritt im Berghain ist eigentlich nicht zu überbieten. Trotzdem war es ein großartiges Konzert und mit fast 90min deutlich länger. Die Bässe wummern heute noch in mir und schade, dass sie sich inzwischen aufgelöst haben. Ich bin jedoch sicher, wir werden Sie wiedersehen.

  1. The National in der Zitadelle Spandau

Mistaken for Strangers“ war der Musikfilm des Jahres von The National. Das Konzert bei sommerlichen Temperaturen im Berliner Außenbezirk krönte all das und zeigte uns, was für eine tolle Band sie sind. Matt Berninger am Rande des Wahnsinns und intensiv wie immer. Bitte nur noch Open Airs spielen. Oder in Clubs.

  1. Asaf Avidan in der Passionskirche

Er sang, er erzählte, er musizierte, er begeisterte, er lachte, er scherzte, er verlor sich mitunter in seinen sprudelnden Ideen. Und allem liegt [doch] eine angenehme Ernsthaftigkeit zu Grunde. Vollblutmusiker und Geschichtenerzähler. Voller Emotionalität. Er gab ein mitreißendes Konzert. Die Passionskirche lag ihm zu Füßen. Wir auch!

 

  1. The Rolling Stones in der Waldbühne

Stones 2014 Berlin

Zeit für Abschiede. Mein 5. und letztes Konzert der Band. Voller Wehmut. Und nach gut 15 Jahren wieder in der Waldbühne und wieder zusammen mit dem größten Stones Fan südlich von Berlin! Die Stones gaben ein hinreißendes Konzert und der Kessel brodelte und allen war sicher bewusst, dass es so nie wieder sein wird. Melancholische „Tongues and Lips“ everywhere.

 

  1. The Brian Jonestown Massacre im Postbahnhof

Ein unglaublich heißer Sommertag führte mich in den Postbahnhof und was uns Anton Newcombe mit seinen 6 Mitstreitern darbot, übertraf all meine Erwartungen. Gefühlt immer nah am Wahnsinn, war der Gig bei tropischen Temperaturen eine totale „Offenbarung“ und der Neo-Psychedelische Sound der Band ist so wunderbar, dass es noch Stunden hätte so weitergehen können. Okay, das inzwischen dunkel schimmernde Hemd hätte ich rasch noch wechseln wollen. Hoffe sie kommen bald wieder.

 

  1. Gemma Ray mit dem Filmorchester Babelsberg im Nikolaisaal Potsdam

Gemma Ray Berlin Nikolaisaal

Als ihr aktuelles Album „Milk for your Motors“ noch nicht erschienen war, gab Gemma Ray in einer kalten Januarnacht zusammen mit dem Filmorchester ein mitreißendes Konzert. Einige Songs der Platte konnten wir schon hören und auch sonst passte alles an dem Abend. Der Auftrittsort, der Sound, die Harmonie zwischen Band und Orchester. Das Konzept ist stimmig und für knapp 2 Stunden spielte sich Gemma durch Ihr Repertoire. Platz 7.

  1. Royal Blood im Privatclub und im Bi Nuu

„Denn die einen sind im Dunkeln/ und die andern sind im Licht/und man sieht die im Lichte/ die im Dunkeln sieht man nicht“

Out of the Black!

  1. Bohren und der Club of Gore in der HO Berlin

Wie gab uns Berlinern Christoph Clöser vom Club of Gore doch mit auf den Weg: „Bleibt fröhlich“. Haben uns daran gehalten und hoffen alsbald auf weitere Tipps in „schummrig, düsterer Atmosphäre“

4. Mono im C-Club

Licht und Schatten. Schwarz und Weiß. Freude und Leid. Schmerz und Wohlbefinden. Stränge und Milde. Mit Ihrem einzigarten Doppelalbum „Rays of Darkness“ und „The Last Dawn“ kamen Mono in den C-Club und hüllten diesen mit Ihren hymnischen Klängen und einem großartigen Sound in epische Klangwelten. Was für ein Abend. Warum muss ich beim Hören von Mono immer an David Lean und all seine filmischen Meisterwerke denken? Den Clip unbedingt anschauen und sich fallen lassen. Und natürlich das Album kaufen.

 

  1. Kraftwerk am Wiener Burgtheater Katalogabende 1-4

Boing! Boom! Tschak! Besondere Aufführungen an einem außergewöhnlichen Ort. Platz 3!

Wien_Kraftwerk_Burgtheater_148

  1. Kevin Morby in der Hamburger Hasenschaukel

Noch heute denke ich an diesen Spätsommertag im September mit großer Freude zurück. Das Kevin Morby sein „Versprechen“ eingelöst hat und im Mai 2015 nach Berlin kommt ist natürlich eine tolle Sache. Silber!

Platz 1 und Konzert des Jahres: Damon Albarn im Astra

Als ich das Astra verlassen hatte und mich die warme Juninacht empfang, fiel es mir zunächst schwer einen klaren Gedanken zu fassen. Das lag nicht etwa am desaströsen Auftritt unserer Fußballnationalmannschaft gegen Algerien, (den ich am Rande des Konzertes durch die intensive Smartphonenutzung in meiner Umgebung mitbekomme habe) sondern an diesen gut 100min die ich soeben erleben durfte. „Das gibt´s doch gar nicht“, „ Konzert des Jahres“, „Unglaublich“ schoss es mir unentwegt durch den Kopf. Wie in Trance fuhr ich über den heißen Asphalt nach Hause.

Damon Albarn spielte sich mit seiner hervorragenden Band „The Heavy Seas“ und mit seiner Ihm eigenen jugendhaften Leichtigkeit durch sein musikalisches Schaffen all seiner Bands (Blur, Gorillaz, The Good, the Bad & the Queen) . Doch im Mittelpunkt dieses unvergessenen Auftritts stand sein gerade veröffentlichtes Soloalbum „Everyday Robots“, welches er uns in fast kompletter Länge zu Gehör brachte. Für mich eines der Alben in 2014. Ein sehr persönlicher Lebensrückblick. Warmherzig, anmutig und offen.

In den ruhigeren, intimen Momenten des Konzertes (wo er am Klavier saß) habe ich noch nie ein so andächtiges und stilles Publikum [Astra: 1.500 Besucher] erlebt (z.B. „The History of a Cheating Heart“). Das würdigte auch er mit einem Dank und einem lächelndem, fast ungläubigem Kopfschütteln, so als wenn auch er von diesem Moment total überwältig war. In recht gutem Deutsch erzählte er, dass er die Sprache an der Schule gelernt hat und das er mit seiner Schulklasse [sogar]„in Wetzlar“ war. Immerhin! Und all das immer mit diesem verschmitzten Lachen, mit dem Witz und dem Charme den dieses „musikalische Genie“ versprüht.

Die altbekannten Blur und Gorillaz Schlachtrösser („Kids with Guns“, „Clint Eastwood“, „Out of Time“, „El Manana“, u.a.) brachen die sanften Momente auf und brachten das Astra wiederum zum Kochen.

Ein Abend für die [musikalischen] Geschichtsbücher. Noch heute, beim Schreiben dieser Zeilen, durchzieht mich ein Gänsehautgefühl. Das schafft Musik. Das kann ein Konzert.

Platz 1!

Bis zum nächsten Rückblick!

„Sing to me, in the morning
Keep me warm, from the storm outside
Andi f i´m shaking, in the morning
Then i´m on the run from the Darkness in my Mind“

Kevin Morby-Our Moon