Nach Jahren der Flaute (mein letzter Rückblick stammt aus dem Jahr 2022) lohnt es sich kurz auf das Musikjahr zurückzublicken.
Wie immer ist es schwierig, die besten Konzerte auszuwählen. Beim Durchgehen von Listen, Fotos und anderen Dokumenten, lässt man das Jahr Revue passieren und denkt zurück.
Was hat mich berührt? Was war besonders? Warum schafft es dieser Gig nicht ganz nach vorn? Und man hat immer das Gefühl, morgen würde die Auflistung (in Teilen) womöglich anders aussehen.
Meine Top 15 des Jahres 2024:
15. DIIV- im Astra
Nach ihrem Auftritt im März im Huxleys, der auch von technischen Problemen begleitet war, entschloss ich mich nochmals ins Astra zu gehen. Inzwischen waren die Tage kürzer. Das war eine gute Entscheidung, denn das Astra war der richtige Ort für diese Musik. Eine Soundwand, die sich unaufhörlich in die Täfelung der Decke und der Wände festkrallte und man befürchten musste, dass bei jedem neuen Akkord der Laden explodiert. Was für ein toller Abend. Bester Shoegaze an diesem Abend, in dieser Stadt.
14. Beak im Gretchen
Ein wenig Trauer schwang mit. Geoff Barrow (Portishead) an den Drums wird die Band verlassen. Ein würdevoller Abschied. Kraut at its best.
13. Fontaines D.C. in der Uber Eats Hall
Neuer Look. Neues Album. Neue Show. Und mit „Starbuster“- dem Überhit an diesem Abend – als Rausschmeißer. Gehen wollte danach keiner. Mussten wir aber. Im Sommer in der Zitadelle.
12. Klaus Johan Grobe in der Berghain Kantine
Die sympathischen Schweizer begleiten mich nun seit fast 10 Jahren und ihrem ersten Gig im Kaffee Burger. Mit der Band verbinden mich (auch) viele schöne Erinnerungen.
Nachdem Sie fast 5 Jahre von der Bildfläche verschwunden waren, kamen Sie mit ihrem großartigen neuen Album „Io Tu il Loro“ zurück nach Berlin in „ihre“ Berghain Kantine. Ein warmes und herzliches Wiedersehen. Immer wieder.
11. Khruangbin im Tempodrom
Inzwischen in den großen Hallen. Fantastisch war´s. Und dieser Bass. Und diese Gitarre. Weniger Gerede von Mark, was schön ist. Und diese atemberaubende Entwicklung seit ihrem ersten Auftritt in Berlin im Jahr 2016 in der Berghain Kantine. Verdient.
10. Kraftwerk in Dresden vor der Semperoper
Kraftwerk haben „Mobilität“ in ihrem Werk sehr oft vertont. Es war für den Sigge-Rocktours Express selbstverständlich, dementsprechend anzureisen. Wir nutzten das Auto, die Bahn oder das Rennrad.
Die überschaubaren 200 km von Berlin fuhr ich mit dem Rad und am Nachmittag ging es dann zur Semperoper.
Wie immer sind es für uns die besonderen Orte die ein Kraftwerk Konzert unvergesslich und einzigartig machen. So auch in Dresden.
Der Bass dröhnt noch heute bis Berlin.
Zurück sind Henning und ich mit der Bahn gefahren.
Schöne Anekdote: Um noch rasch das Fahrradticket auf dem Bahnsteig buchen zu können, was bei der DB-App nicht ganz so einfach ist, hatte Henning die rettende Idee: „Du musst der App sagen, dass du ein Fahrrad bist .“ (sic) Das stimmt, naja fast. Wir haben uns herrlich amüsiert. Der Zug fuhr ein. Ich hatte das Ticket. Wir kamen wohlbehalten in Berlin an. Ich auch.
9. King Hannah im Lido
Mit „Big Swimmer“ im Gepäck, ihrem neuen Album.
Laut und Leise. Anmutig und Zerbrechlich. Verstörend und Zerstörerisch.
8. Depeche Mode in der Uber Hall
Ein blinder Fleck.
7. Glass Beams im Silent Green (Kuppelhalle)
Die Mystik, den indischen und orientalischen Rhythmen welche hier so wunderbar verschmelzen. Das! Psychedelic Rock. Der schöne Kupelsaal des Silent Green war schon an diesem Abend viel zu klein und ich denke, dass diese australische Band sehr bald die großen Hallen dieser Stadt bespielen wird. Ein toller Abend.
6. Nick Cave and The Bad Seeds in der Uber Arena
ES.WAR.TOLL.
5. Hermanos Gutierrez im Silent Green (Betonhalle)
Diese unerträgliche Dürre. Die Sonne, welche hoch am Himmel steht und den Asphalt und den Mensch aufzulösen scheint und die nächste Tankstelle ist noch Meilen entfernt. Der Wind weht das vertrocknete Gestrüpp durch die Steppe, der Sand legt sich auf die Haut. Die Lippen trocken und das alte Autoradio, mit den vergilbten Reglern, liefert den Soundtrack dazu. Das Leben ist schön!
4. Tristan Brusch im Heimathafen Neukölln
Mit „Am Wahn“ hat Tristan eines der besten Alben 2023 veröffentlicht. Ein berührender Auftritt im vollgepackten Heimathafen.
3. Godspeed You! Black Emperor im Huxleys
Wie im Rausch. Die Götter des Postrocks im Huxleys. Mächtig. Laut.
2. Lankum im Theater des Westens
Ich bin kein großer Fan des Irish Folk. Was jedoch Lankum mit Ihrem Album „False Lankum“ hier zum Besten geben, hat mich schlichtweg umgehauen. Es sind die Sounds, es ist die dichte Atomsphäre, die Dringlichkeit die diesem Album innenwohnt. Im Theater des Westens wurde das Album (komplett) perfekt präsentiert. Und dann diese unglaubliche Stimme von Radie Peat. Hach, toll.
Und Jim Wirth vom Mojo-Magazin fasst es so zusammen:
“Dominated by seafaring songs, the Dubliners’ fourth LP offers hurricane-force drama at times, but if Lankum’s nostrils flare at the prospect of dark seas and watery graves, False Lankum – conceived in the shrunken world of landlocked lockdown – also tells a less grisly tale about growing up and realising that your swashbuckling days might be over. If modern folk music needs its own OK Computer, its own The Dark Side Of The Moon, or indeed its own F#A#∞, this may well be it.”
Ich habe an diesem Abend oft an den wunderbaren Film The Banshees of Inisherin denken müssen. Auch daran.
1. Beth Gibbons in der Uber Eats Hall
Konzert des Jahres. Alles wahrgenommen. Und „Roads“ im Set. Leise. Friedlich. Alles gesagt.
Ohh, can’t anybody see
We’ve got a war to fight/Never found our way/Regardless of what they say
How can it feel, this wrong/From this moment/How can it feel, this wrong
Storm in the morning light/I feel/No more can I say/Frozen to myself