Kevin MorbyKevin Morby habe ich als Bassist der New Yorker Band Woods kennengelernt. Auf den Konzerten die ich von den Woods besucht habe, stand er immer mittig, mit einem scheinbar viel zu eng und fast in Brusthöhe sitzendem Bass. Durch seinen melancholisch anmutenden und scheuen Blick, der fast immer über das Publikum hinweg streifte, hatte ich oft den Eindruck, dass er nicht anwesend schien und hörte jedoch, dass er eben das Bindeglied zwischen den zwei Gitarristen ist und mit seinem Basspiel nicht unwesentlich den Sound der Woods mitgeprägt hat.
Darüber hinaus ist Kevin Morby auch Mitglied der New Yorker Band The Babies, welche im Jahr 2012 mit „Our House in the Hill“ eine hörenswerte Platte veröffentlicht haben. Nun also auch auf Solopfaden.

Mit Harlem River hat er 2013 sein hochgelobtes und überragendes Solo-Debüt veröffentlicht, welches teilweise in die Country-Folk Richtung tendiert und gefragt, warum er diesen musikalischen Weg eingeschlagen hat, antwortete er in Interviews, [es sei] „closer to my core“ als die ganze Rock-Indie Sache. Anlehnungen und Reminiszenzen an die 60/70-iger hören wir zuhauf. Bob Dylan, Lou Reed, The Velvet Underground, uvm. Das Album umspannt Songs, die er in den Jahren 2007-2012 geschrieben hat in denen er viele Themen aufgreift, über die er erzählen möchte. Wunderbar.
Nachdem ich die erste Vorabauskopplung Slow Train gehört hatte, welche sanft und schläfrig aus den Boxen rinnt und sich so lieblich entfaltet und zusätzlich mit Cate le Bon als Gastsängerin aufwartet, befand sich der gekaufte Datenträger wochenlang in einer musikalischen Dauerschleife und es stellte sich für mich natürlich unweigerlich die Frage:

„Wo und Wann spielt Kevin Morby live?“
Hamburg! Hasenschaukel!

Kevin Morby

Kevin Morby spielte den einzigen Deutschlang Gig auf seiner 2014 Tour In der Hansestadt. Dabei fiel mir auf, dass ich die meisten Konzerte nach Berlin und London in Hamburg gesehen habe. Nur mal so.
Hamburg zeigte sich am 12. September von seiner besten Seite und die Sonne strahlte und lud zu einer tollen Hafenrundfahrt auf dem Deck und einer erneuten Stadtbesichtigung ein. Ich mag Hamburg, wenngleich mir der raue Charme meiner Heimatstadt doch näher liegt. Gegen 20 Uhr begab ich mich nach einem Bummel über die erwachende Reeperbahn zur Hasenschaukel, welche sich in einer pulsierenden Nebenstraße befindet. Um 21 Uhr öffnete das Lokal seine Türen. Der liebliche Charme den der relativ kleine Gastraum ausstrahlt und von innen und außen recht hübsch anzusehen ist, war eine exzellente Wahl für ein Kevin Morby-Konzert.

Ich schätze, es hatten sich ca. 50-60 Besucher eingefunden, als Kevin Morby an der Gitarre , unterstützt von dem Babies Drummer Justin Sullivan, gegen 22 Uhr das Konzert mit The Dead They Dont Come Back eröffnete.
Dieses Lied hat er für seinen besten Freund ein paar Tage vor seinem Tod geschrieben und ahnte wohl, dass seine Zeit gekommen war. Ergreifend. Mit Reign folgte der Song, den er exakt 10 Jahren nach dem Columbine Attenat zu Papier gebracht hat und seinen Traum in Worte fasst.
Harlem River, der fast zehn-minütige herausragende und zentrale Track auf dem titelgebenden Album, schloss sich nahtlos nach Sucker in the Void an und war zweifellos, trotz nur knapp sechs min, einer der Höhepunkte des Sets. Dort packt Kevin Morby seine Zuneigung zu diesem Fluss in Manhattan in wunderbare Zeilen und umrahmt diese mit einem großartigen Groove, einem pulsierenden Bass (Studioversion), einer zunächst fast gezupften Gitarre, die einen unweigerlich an diesen Fluss schwemmen muss. Der Mittelteil wartet mit einem fantastischen Gitarrensolo auf, welches sich auch live großartig ausbreitet und zeigt, welch exzellenter Gitarrist Kevin Morby ist. Auch Live!

Kevin Morby

Daran schlossen sich eine Vielzahl von neuen Songs an, die auf dem am 14. Oktober erscheinenden neuen Album Still Life zu hören sein werden und alle toll klangen und wiederum mit großen Melodien und Geschichten aufwarten.
Die Vorabsingle Parade wurde sogar auf acht Minuten ausgedehnt und wir konnten- entgegen der Studioversion- ein kurzes, herzerwärmendes „Dylan-eskes“ Mundharmonikasolo hören. Ein Hit!

Miles, Miles, Miles folgte und auch hier gab Morby seine Gitarrenkünste zum Besten und „gniedelte“ das Solo „was das Zeug“ hielt, so dass sich die Hasenschaukel fast überschlug. Toll!
Auf meine zaghafte Bitte doch [nun] Slow Train zu spielen, lächelten mich beide sofort an und antworteten fast synchron „oh sorry, no, we need a a bigger band [for that song]“ Nachdem Konzert scherzte ich noch mit Kevin, dass er ja den Cate le Bon-Part singen könne, was er schmunzelnd erwiderte und darauf hinwies, dass sie für diesen Song auch „ein Keyboard“ benötigen. Natürlich!

Das begeisterte Publikum forderte nach dem regulären Set unbedingt weitere Songs. Es folgten zwei Zugaben von denen die Schlussnummer ein Cover von Michael Hurleys „Blue Driver“ war und fantastisch klang (hier das Original)

Nach 65 Minuten und zwölf außergewöhnlichen Songs endete dieser unvergessene Abend in einer lauen Spätsommernacht in Hamburg. Das es Wild Side nicht ins Set geschafft hatte, ist ein wenig schade jedoch nicht weiter tragisch.

Kevin Morby
Das Publikum war restlos begeistert und das sogenannte „Hutkonzert“ bedachten wir alle mit einer kräftigen finanziellen Zuwendung. Zurecht!
Der Sound war hervorragend, ein angenehmes Publikum bildete den würdigen Rahmen und was ich auch erwähnen möchte, ist, dass der Drummer Justin Sullivan der Stimmung den die Songs ausmachen mit seinen Besen als Schlag-Zeug genau den harmonischen, sanften Rhythmus gab jedoch in den druckvolleren Momenten sehr präsent war. Gefiel mir!

Kevin MorbyWie so oft sind das die Erlebnisse, in denen mir wieder vor Augen geführt wurde, was es bedeutet, ein Konzert zu besuchen. Der Live-Moment ist unersetzbar.
Kevin „versprach“ mir noch, beim nächsten mal nach Berlin zu kommen.
Ich habe eine Verabredung im kommenden Jahr! „Music is the Answer“ [Zitat]
Hingehen!

Setlist:

a. The Dead They Don’t Come Back
b. Reign
c. Sucker in the Void
d. Harlem River
e. Parade (New Song)
f. ? New Song
g. ? New Song
h. Miles, Miles, Miles
i. If You Leave, Andi f You Marry
j. ? New Song ( großartig)
k. ? New Song
l. Blue Driver-Michael Hurley Cover