Die Loreley Freiluftbühne ist legendär. Die Rockpalastaufnahmen aus den 90zigern von David Bowie und Heather Nova habe ich damals rauf und runter gesehen.

Bereits 2019 spielte Nick Mason mit seinen Saucerful of Secrets beim Night oft he Prog Festival auf der Loreley. Damals gab es aber noch andere Konzerte auf dem Tourplan wie Ulm und Amsterdam, also sparten wir uns das Festival. 2023 kehrten Nick Masons’s Saucerful of Secrets zurück auf den Felsen am Rhein – diesmal sollte der Headlinerauftritt auf dem Night oft he Prog Festival der einzige Deutschlandauftritt bleiben.

Ab ins Rheintal

Ein paar Tage vor dem Konzert wurde ich schwach und orderte das Ticket und machte mich zum ersten Mal auf ins Rheintal. Felswand, Bahnstrecke, Bundesstraße, Rheinufer, kilometerlang, auf der anderen Flussseite ebenso. Hin und wieder auch mal ein paar Häuserreihen dazwischen, teilweise auf Betonstelzen oder voll gefliest im Erdgeschoss. Bei der Hotelsuche muss man darauf achten, ein rechtsrheinisches Exemplar zu erwischen, da man nicht sicher sein kann, ob die Rheinfähre noch fährt und alle Besucher auf die andere Rheinseite schaffen kann. Andernfalls steht ein 50km Umweg bis zur nächsten Rheinbrücke an. Die meisten Rheintal-Dörfer sind ohne die Rheinfähren, die meist nur zwischen 6 und 21 Uhr fahren, zweigeteilt. Soweit die Rahmenbedingungen.

Hoch zur Loreley

Nach ein paar Kilometern Serpentinenfahrt zwischen Wäldern und Felswänden kommt man auf dem Loreley-Festivalgelände an. Parken ist kein Problem, für Autos, Wohnmobile und Zelte ist hier ausreichend Platz. An der Tageskasse tauscht der Festivalchef persönlich das Ticket gegen ein Bändchen um, mit dem man dann aufs Gelände durchgewunken wird. Auf der Wiese oberhalb der Steinstufen der Freilichtbühne wimmelt es von Campingstühlen und Picknickdecken. Entspanntes Festivalfeeling, umringt von Zelten mit Plattenständen und Fressbuden. Hier kann man es aushalten.

Prog-Rock = Genesis

Dazu die diversen Prog-Rock Bands als Vorprogramm. Irgendwie wollen alle wie Genesis klingen. Als bei Cyan, der letzten Band vor den Saucers, ein technisches Problem auftritt, spielt der Leadsänger kurzerhand eine Soloversion von Ripples zur Überbrückung. Das Publikum ist aus dem Häuschen. Spätestens jetzt merkt man, dass sich auch das Publikum von den normalen Nick Mason Konzerten unterscheidet.

Beim Prog –Rock Festival geht es locker zu. Ungeniert werden Videokameras auf Stativen aufgestellt, überall sieht man Spiegelreflexkameras mit fetten Zoomobjektiven und um mich herum werden dermaßen viele Sportzigaretten geraucht, dass ich mich ernsthaft frage, ob Passivrauchen als Ausrede bei einer Verkehrskontrolle auf dem Rückweg ins Hotel als überzeugende Ausrede durchgehen würde. Der Fall trat zum Glück nicht ein.

Nick Mason’s Saucerful of Secrets

Das Wetter ist perfekt. 23 Grad, ein laues Lüftchen weht. Ich habe einen Platz in der 2. Reihe ergattert. Während die Roadies noch mit dem Umbau auf der Bühne beschäftigt sind, die Licht-Crew noch herumexperimentiert und testet, beginnen die Pre-Show-Sounds zu laufen. Pünktlich um 23 Uhr startet dann der Auftritte von Nick Mason’s Saucerful of Secrets, wenn auch ein paar Takte später als geplant.

Bereits in Ulm hatten wir 2019 einen Tourauftakt der Saucers erleben dürfen. Erfahrungsgemäß steigert sich die Band von Konzert zu Konzert stark. Auf der Loreley zeigte sich die Band erstmal gut in Form, auch wenn es ein paar kleine Stolpersteine gab. Normalerweise startet das Konzert mit One of these Days und dem angeschlagenen Bass von Guy Pratt, während die Band noch hinter der Bühne steht. Offenbar passten aber einige Einstellungen am Pedalboard von Pratt nicht und er musste schnell auf die Bühne eilen, nachdem sein Einsatz abseits der Bühne ohne hörbare Folgen blieb.

Obwohl der Sound für uns Zuschauer erfreulich gut war, hatte so ziemlich jedes Bandmitglied dauerhaft etwas am Monitorsound zu mäkeln. Ständig wurde dem seitlich positionierten Monitor-Mixer von praktisch allen Band-Mitgliedern gestikuliert, dass man irgendein Instrument im Mix anheben soll. Getreu dem alten Deep Purple Motto: „Can I have everything louder than everything else?”

Davon abgesehen hat die Band offensichtlich viel Spaß daran, endlich wieder auf Tour zu sein. Die Stimmung auf der Bühne und im Publikum ist großartig. Um mich herum gibt es anders als sonst viele Menschen, die keinerlei Kenntnis der Setlist haben und in absolute Begeisterung ausbrechen, sobald sie erkennen, welche Schätze der Vergangenheit gerade von der Band performt werden.

Leider merkt man, dass der Zeitplan des Festivals nur zwei Stunden für die Show vorgesehen hat. Die Ansagen zwischen den Songs fallen an dem Abend daher deutlich kürzer aus als gewöhnlich, die übliche Pause zwischen Set the Controls fort he Heart of the Sun und Astronomy Domine enfällt, was letzteren Song leider etwas untergehen lässt. Zwei weitere Songs fliegen ganz aus der Setlist: The Nile Song und Burning Bridges werden dem Event-Fahrplan der Rheinfähre in St. Goarshausen geopfert.

Irgendwie hatten wir immer auf Cymbaline als Ergänzung der Setlist gehofft, doch leider haben die Saucers die Winterpause nicht genutzt, um den ein oder anderen neuen Song einzustudieren. Egal – glücklich und zufrieden macht man sich um 1 Uhr Richtung Parkplatz auf und diskutiert dabei mit alten Bekannten über Box-Sets, den Status der Band, Ticketpreise und ähnliches. In der lauen Sommernacht findet man kaum ein Ende und gehört so zu den letzten, die den Parkplatz verlassen, fährt vorbei an den zahlreichen Wohnmobilen und Zelten mit ihren Bewohnern, die noch zwei Festivaltage vor sich haben, runter ins Tal und ein paar Kilometer an Vater Rhein entlang, zu seinem Hotel. Ein wunderbarer Urlaubstag im Sommer 2023.

Setlist

One of These Days
Arnold Layne
Fearless
Obscured by Clouds
When You’re In
Vegetable Man
If
Atom Heart Mother
‘If’ reprise
Remember a Day
Set the Controls for the Heart of the Sun
Astronomy Domine
Childhood’s End
Lucifer Sam
Echoes

Encore:
See Emily Play
A Saucerful of Secrets
Bike