Bielefeld, Seidenstickerhalle. Mein zehntes Dylan-Konzert in 20 Jahren, nun in der Heimatstadt. Zuletzt war ich 2013 im Berliner Tempodrom dabei, inzwischen ist mal wieder einiges passiert: Sinatra-Alben, Nobelpreis, American Songbook-Album – nun ja. In Dylans Wohnzimmer – auf der Bühne- ist im Grunde aber alles beim alten geblieben: Filmscheinwerfer, Vorhang, keine Fotos – Bitte. Neben seinem „Things Have Changed“-Oscar steht nun eine Büste der Poesie – vielleicht als Hinweis auf die Stockholmer Ehrung. Nun, dort geht es ja auch gerade drunter und drüber.

Die Band ist nun seit vielen Jahren personell unverändert und straff eingespielt. Nach einem rumpeligen „Things Have Changed“ als Eröffnung schunkelt man sich durch ein paar Klassiker, dann konzentriert sich das Set auf Songs aus der jüngeren, originären Schaffensperiode ab „Time out of Mind“. Viele Songs aus dem 2011er Album „Tempest“ werden wieder geboten. Das dampflokomotivmässig-schiebende „Dunquense Whistle“ und das swingende „Soon After Midnight“ mit einem herrlichen Melodie-Bogen zwischen Gitarre und Piano stechen dabei heraus. Überhaupt steht das Zusammenspiel aus Charlie Sextons Melodiegitarre und Dylan reingeschmissenen Minimal-Melodien und Akkorden im Zentrum der Musik. Immer wieder scheint es, als würden die beiden dem jeweiligen Stück eine neue Schattierung abzugewinnen um dann nächste Strophe abzubiegen.

20180421 Bob Dylan Seidenstickerhalle Bielefeld

Dylan verharrt am Piano und lässt nach der Gitarre nun auch leider die Mundharmonika im Koffer. Eingestreut werden die Swing- und Jazz-Klassiker aus dem aktuellen Veröffentlichungen. Dazu tritt Dylan in die die Bühnenmitte und singt auffällig sauber, konzentriert und ist bemüht der Melodie und Intonierung der Originale zu folgen – anders als bei seinen eigenen Stücken, bei denen er im Konzert geradezu gegen  die bekannten Melodien und Rhythmen ansingt. Dazu nutzt er jeweils eines von vier bereitstehenden Gesangs-Mikrophone. Ein weiteres benutzt er als Tanz- oder Gehhilfe, zwei weitere stehen für den Rest des Abends dekorativ herum. Etwas schrullig, wie eh und je.

„Tryin‘ to Get Heaven“ von der „Time Out of Mind“ ist wieder mal im Programm und hat ein ganz neues, fast beschwingtes, Arrangement. „Love Sick“ vom selben Album ist zurecht der Signatur-Song dieses starken Karriere-Abschnittes und darf daher auch heute Abend nicht fehlen, in einer tollen Fassung. „Blowin’ in The Wind“ – war an diesem Abends besonders mitreissend intoniert und konnte als Zugabe überzeugen – das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall.

Beschlossen wurde das Programm mit der surrealen Ballade vom dünnen Mann aus der psychedelischen Periode Mitte der 1960er Jahre. Starkes Stück, majestätisch gespielt.

Wie damals schon, mit The Band auf dem „Before The Flood-Live-Doppelalbum meiner Eltern, das mir irgendwann in die Hände fiel. In der Stadt die es nicht gibt. Etwas ist passiert, aber man weiß nicht genau was.

http://www.nw.de/kultur_und_freizeit/musik/musik/22119275_4.300-Besucher-feiern-Pop-Legende-Bob-Dylan-in-Bielefeld.html

Setlist: