Arne, Henning & Tom on Tour - Konzerttagebuch

Autor: Arne-Christian Sigge (Seite 2 von 8)

Peter Gabriel in Hamburg – neues Material statt alter Hits

Das muss man sich erst mal trauen: Peter Gabriel spielt auf seiner aktuellen Tour 50% der Setlist Titel von seinem neuen, nur teilweise veröffentlichten Album. 11 Stücke, bleibt nur noch Platz für 11 Hits aus alten Zeiten, von denen schon einmal zwei in ungewöhnlichen, reduzierten Versionen am Lagerfeuer zum Konzertbeginn abgefrühstückt werden.

Statt mit einem Knalleffekt oder einem dramatischen Soundintro startet das Konzert mit dem unspektakulären Auftritt Peter Gabriels auf der Bühne, der erstmal – auf Deutsch – ein wenig über das kommende Konzert, die Abba-Avatare und die Idee hinter der Show erzählt. Thematisch geht es ein paar Milliarden Jahre zurück, als die ersten Bausteine des Lebens durch Meteoriteneinschläge auf die Erde kamen. Die Entstehung von Leben setzt das Thema. Symbolisch lässt er das Lagerfeuer auf der Bühne entzünden. Dann braucht man Wasser. Tony Levin kommt auf die Bühne und die Beiden beginnen das erste Stück des Abends zu spielen… allerdings ein unterschiedliches, wie sich schnell herausstellt. Peter hatte vergessen, dass er bei den Shows in Deutschland mit einer deutschen Version von Here comes the Flood beginnt. Egal, der zweite Versuch klappt, gefolgt von einer akustischen Version von Growing Up mit dem Rest der Band, immer noch am Lagerfeuer.

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Depeche Mode in Düsseldorf

Depeche Mode standen seit dem wunderbaren 101 Live-Album von 1989 auf meiner Konzert-To-Do Liste. Irgendwie ergab sich nie die Gelegenheit, die Alben in den späten 90ern und frühen 2000ern holten mich nicht mehr so ab, und auf Konzertmitschnitten der Zeit kam für mich irgendwie nicht so die wahre Stimmung rüber. Erst der letzte Konzertmitschnitt aus der Waldbühne in Berlin – ein Konzert, an dessen Besuch ich damals knapp vorbeigeschrammt bin – überzeugte mich, bei der nächsten Tour mit dabei zu sein. Nach Corona und dem plötzlichen Tod von Andrew Fletcher hatte man die Hoffnung schon fast aufgegeben, aber dann kam die Memento Mori – Tour in den Vorverkauf.

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Roger Waters: This Is Not A Drill in Köln

Sheep

Mit knapp 80 Jahren tourt Roger Waters weiterhin um die Welt, hat immer noch Spaß daran und setzt weiterhin Maßstäbe. Seine aktuelle This is not a Drill Tour ist wieder ein gigantisches, multimediales Spektakel für Augen und Ohren. Nach der spektakulären, über den Zuschauern schwebenden Battersea-Powerstation, spielt die Band diesmal unter einem gigantischen TV-Screen in Kruzifix-Form in der Mitte der Halle. Natürlich gab es auch wieder fliegendes Getier. Die Animationen, die Sean Evans seit der The Wall Tour immer weiterentwickelt, laufen so perfekt synchron zur Musik, wie man es sonst nur von Kraftwerk kennt, oder eben von der The Wall bzw. Us & Them Tour. Bei Kraftwerk sorgt der vierte Roboter Falk Grieffenhagen auf der Bühne manuell für die Synchronisation, bei Waters sind es aufwändige Klicktracks und Midi-Queues. Der Sound ist bei uns im Oberrang in den Höhen manchmal etwas matschig, die Tiefen sind fett und laut. Weiter unten in der Arena dürfte der Sound demnach perfekt gewesen sein, was auch aus verschiedensten Berichten zu entnehmen ist.

Die Show ist keine familienfreundliche Best-of-Show, die den Künstler feiert. Sie ist politisch, die Aussagen deutlich und unmissverständlich.

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Ein Kommentar zum Thema Roger Waters

Von scheinheiligen Politikern, schlechtem Journalismus und einem alten Sturkopf

Message von Roger Waters vor dem Konzert in Köln
Message von Roger Waters vor dem Konzert in Köln

Cancel Culture oder Trennung von Werk und Künstler?

Als Fan von Roger Waters hat man es nicht leicht aktuell. Er sei ein Antisemit, weil BDS-Befürworter, seine Konzerte gehören verboten, heißt es seitens der Lokalpolitik, vor den Konzerten sind Demonstrationen angesagt. Dazu komische Äußerungen zu Putin und der Ukraine, die dann David Gilmours Frau dazu veranlasst auf Twitter kindisch gegen den alten Rivalen zu keifen. Und dann noch der Waters-Keyboarder, der früher mit Gilmour und Pink Floyd spielte, irgendwas aus dem Gilmour-Lager aber zwischenzeitlich nicht verkraftet hat und sich seither auf Facebook um Kopf und Kragen bzw. seine Würde schreibt. Man muss sich zeitweise schämen für seine Helden. Darf man da noch Konzertkarten kaufen?

Zum Glück sind wir da nicht allein. Olli und Jan hadern mit Morrissey, Eric Clapton wurde zum Corona-Leugner, die Liste ließe sich lange fortsetzen, bis hin zur Frage, ob man noch über alte Woody Allen Filme lachen darf. Die Cancel Culture greift teilweise rabiat um sich, misst manchmal mit heutigen Maßstäben das Verhalten von Menschen in den 70ern. Sind gute Songs von damals heute plötzlich schlecht, weil der inzwischen gealterte Schöpfer heute etwas Dummes sagt, oder sich damals anders verhalten hat, als man es heute tun würde?

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Englische Wochen zum Saisonauftakt

Englische Wochen zum Saisonauftakt bei SRT: Drei Konzerte in acht Tagen, ganz ungewohnt für uns: Alles deutschsprachige Künstler, alle in unserem Alter und kein Ticket teurer als 35 Euro. Im letzten Jahr wurde gerade bei kleineren Konzerten oft über halbleere Clubs geklagt. Unsere kleine Stichprobe 2023 zeigt ein anderes Bild: alles ausverkauft, Stimmung super. Doch der Reihe nach:

Rainald Grebe & Band im Jovel Club Münster

Rainald Grebe haben wir schon in den unterschiedlichsten Konstellationen gesehen: Mit Orchester, Solo, mit Fortuna Ehrenfeld und eben mit (kleiner) Band, die nach dem plötzlichen Tod des Schlagzeugers Martin Bauer im Jahr 2021 nicht mehr unter dem Namen „Kapelle der Versöhnung“ firmiert. Die Band-Variante gefällt mir dabei am besten, knapp gefolgt von der Kooperation mit Fortuna Ehrenfeld. In dieser Konstellation blüht Rainald nochmals richtig auf, die Songs wirken knackiger, das Programm straffer.

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Arnes Konzertrückblick 2022

Im Jahr 2022wurde vieles nachgeholt, was in den beiden vorhergehenden Jahren ausfallen musste. Dazu kamen in meinem Fall einige spontane Konzertbesuche, die ein wenig von einer FOMO-Mentalität getrieben waren.

Last Chance to See

Rückblickend erscheint meine Konzertliste 2022 streckenweise wie eine „Last-Chance-to-See“-Liste.

  • Bob Dylan (81)
  • Mick Jagger (79), Keith Richards (78) und Ronny Wood (75)
  • Nick Mason (78),
  • Ralf Hütter (75)
  • Robert Plant (73)
  • Phil Collins (71)

Für 2023 stehen mit Roger Waters (79), Pete Townshend (77), Roger Daltry (78) und Peter Gabriel (72) auch wieder einige aus der „alten Garde“ auf dem Plan.

Einige der Künstler spielen die Last-Chance-Karte ganz offensichtlich. Genesis betitelten Ihre Tour „The Last Domino?“, Roger Waters nennt seine Europatour 2023 „The first Farewell-Tour”. Alle lassen sich dabei ein Hintertürchen offen, kassieren bei den Ticketpreisen aber trotzdem kräftig ab.

Es fällt mir durchaus schwer, eine Top-5 Reihenfolge zu bilden, große und kleine Produktionen fair zu vergleichen, keine Quotenfrau, –Indieband oder ein Clubkonzert nach vorne zu schieben. Bei den alten Hasen und ihren großen Produktionen muss man einfach sagen: Die Konzerte sind besser und professioneller als sie es je in den 60er, 70er, 80er oder 90er Jahren waren. Hier eine wirklich schlechte Show zu erwischen ist schon eine Seltenheit, was damals häufig vorkam.

Was sagte Nick Masons doch so schön im Podcast The Rockonteuers: „You know what they say about the 10.000 hours of experience: You’re getting good at something!”

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22-11-22: The Cure in Köln

The Cure Cologne 22-11-22

Boys cry for tickets

The Cure standen für 2022 gar nicht auf unserer To-Do-Liste, doch dann postete Werner einen Link zu einem Youtube-Video von einem neuen Song, der mir auf Anhieb gefiel. Am Tag des Berliner Konzertes rauschten dann Bilder vom Konzert in verschiedenen WhatsApp-Gruppen rein. Verdammt, irgendwie kam das Gefühl auf, etwas verpasst zu haben. Die großartige Überschrift „Oma ist zurück, und sie will Blut statt Regen“ der Rolling-Stone-Kritik des Berliner Konzerts gab mir den Rest. Tickets mussten her für eins der nächsten Konzerte. Ein schneller Rundumblick auf die kommenden Tourdaten brachte auch schnell Ernüchterung: praktisch keine Karten mehr zu bekommen. Das Sportpalais in Antwerpen wäre eine Reise wert gewesen, Tickets waren aber nicht mehr zu bekommen. Manchmal lohnt es sich, über den Tellerrand hinaus zu blicken. In der VIP-Sektion ergatterten wir noch zwei Tickets in einer Event-Loge, inklusive Buffet und Getränken. Mal eine ganz neue Erfahrung.

The Cure Cologne 22-11-22
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Das letzte Kommando: Fortuna Ehrenfeld im Lagerhaus Osnabrück

Ende Mai sahen wir Fortuna Ehrenfeld bereits zusammen mit Rainald Grebe in Osnabrück. Der Rosenhof war damals erbärmlich leer, reingepasst hätten locker die doppelte bis dreifache Menge an Zuschauern. Fortuna Ehrenfeld hinterließen an diesem Abend nicht nur einen guten Eindruck, sondern auch einen Hinweis auf das Konzert im November. Also orderten wir Tickets. Was kann man für 25,- Euro schon groß falsch machen?

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Heather Nova akustisch in Osnabrück

Heather Nova Osnabrück

Manchmal erweisen sich Spontankäufe als Glücksgriff. Die Pearl-Acoustic-Tour von Heather Nova, die uns musikalisch schon seit den 90er Jahren begleitet, hatte ich in den letzten Jahren immer im Auge. Mehrfach musste die Tour verschoben werden, zuletzt fielen Konzerte wegen Erkrankung von Heather aus. Am Vorabend entschloss ich mich dann zum Spontankauf, den ich nicht bereuen sollte. Heather gastierte im Rosenhof Osnabrück, ein kleiner Club, den wir im Frühjahr schon einmal besucht hatten, um dort Rainald Grebe und Fortuna Ehrenfeld zu sehen.

Bestuhlt bei freier Platzwahl stand auf der Karte. Eine halbe Stunde vor Einlassbeginn sicherte ich mir die Poleposition und ergatterte so den Platz in der ersten Reihe direkt vor Heather.

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Keine Bilder, wenig Worte: Bob Dylan in der Verti Music Hall Berlin

Es war unser 11. Bob Dylan Konzert. Der letzte Bob Besuch in der Bielefelder Seidenstickerhalle lag nun schon über 4 Jahre zurück. Danach hätte wir ihn nochmal in Berlin sehen können, aber Bob in der Mercedes-Benz Arena? Das fühlte sich irgendwie komisch an, haben wir daher ausgelassen.

Nachdem die Neverending-World-Tour durch Corona auch einmal ungewöhnlich lange pausieren musste, kehrte der inzwischen 81 jährige Bob Dylan auch zurück nach Deutschland. Die Auftrittsorte sind recht ungewöhnlich gewählt: Flensburg, Magdeburg, Krefeld und dreimal Berlin. Diesmal zum Glück nicht in der Mercedes-Benz Arena, sondern gegenüber in der Verti Music Hall, die immer mehr Charme entwickelt und sich in der vollbestuhlten Variante auch als sehr gute Konzerthalle erweist. Hier gab es von keinem Platz aus eine schlechte Sicht. Zudem hat das Hallenteam Erfahrung mit den YONDR-Hüllen, in die die Smartphones aller Zuschauer verpackt wurden. Bob möchte keine Fotos. Nicht mal Pressefotografen waren zugelassen. Wie schon bei Jack White war dies ein wunderbar entspanntes Konzert ohne Smartphones. Ob die merkwürdige Auswahl der Konzertorte durch die Bereitschaft der lokalen Veranstalter diesen Service anzubieten zustande kam, können wir nur vermuten. In der Verti Music Hall klappte es (mal wieder) hervorragend.

Das Bühnenbild war extrem schlicht gehalten. Der Oscar und der Nobel-Preis, die in Bielefeld wie in den Jahren zuvor üblich noch Stolz auf einem Verstärker standen, waren verschwunden. Ebenso wie die berühmte Ankündigung “Please welcome Columbia recording artist: Bob Dylan”.

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Kraftwerk im Hofgarten Bonn

Kraftwerk Bonn 28. August 2022

Bei der ersten Terminankündigung für das Kraftwerk Konzert in Bonn zu Ehren des 250. Geburtstags von Ludwig van Beethoven in Bonn für den Mai 2020 war die Berliner Fraktion des SRT-Teams noch zurückhaltend. Fast schon zu viele Kraftwerk-Konzerte hatte man in den letzten Jahren besucht. Nach der ersten Verschiebung auf 2021 schlugen dann auch die Berliner zu, und sicherten sich Karten. Es sollte noch zwei weitere Verschiebungen geben, bis das Konzert dann tatsächlich über die Bühne ging. Die letzte Verschiebung fiel ausgerechnet auf einen runden Geburtstag des Autors, was vieles erleichterte, bzw. aufwändige Partyplanungen im Keim erstickte. So gab es einen Geburtstagsausflug nach Bonn.

Kraftwerk Bonn 28. August 2022
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Rolling Stones: Sixty-Tour in Gelsenkichen

Die Mehrklassengesellschaft auf Schalke

Um es kurz zu machen: Die Rolling Stones haben abgeliefert. Punkt. Obwohl die Voraussetzungen alles andere als gut waren: Der Tod von Charlie Watts, teilweise absurde Ticketpreise und eben die Arena auf Schalke, die nicht nur für mich nie zu einem tollen Konzertort werden wird.

Trotz der widrigen Umstände hatten Jagger und Co. das Publikum vom ersten Song an voll im Griff. Nach einem kurzen Video-Intro, mit dem man Charly Watts huldigte, ging es mit Street Fighting Man und Let’s Spend the Night Together gleich mit 1A-Klassikern los, gefolgt von Tumbling Dice und Out of Time, einem Song, den die Stones zwar schon 1966 veröffentlicht hatten, der es bis zu dieser Tour aber nie ins Live-Repertoire geschafft hat. Das Publikum war sofort auf Betriebstemperatur.

Rolling Stones Schalke 2022

Auch auf den teuren Sitzplätzen im Innenraum saß niemand mehr während des ganzen Konzerts.

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